“Wir 3 Rosen sind seit Jahren aktiv gegen die ungehemmte Verstromung von Braunkohle. Und wir sind enttäuscht, dass auch die Regierungswechsel in Berlin und Düsseldorf nicht wirklich zu einer Befriedung der Konflikte geführt haben. Wir wissen um die Auseinandersetzungen in der Partei, von der alle ihre Wähler durch die Regierungsverantwortung im Bund und in NRW einen Richtungswechsel erhofften.
Wir haben aber auch eine Meinung zu dem, was gerade hohe Wellen schlägt, die etwas quer zu dem verläuft, was derzeit von “Grünen Bashing” bis zu verbissener Verteidigung des gewählten Kurses liegt. Wir wissen auch, dass wir als eine der zivilgesellschaftlichen Organisationen für die Energiewende, diese politischen Entscheidungsprozesse nur äußerst begrenzt beeinflussen können. Dennoch möchten wir unsere Einschätzung der Lage und ihrer möglichen Entwicklung im Folgenden zu Diskussion stellen.”
Die 3 Rosen Position zu Lützerath
Nun prallen die Positionen in Lützerath mit großer Vehemenz aufeinander. Die Polizei setzt das formale Recht, das auf Seite von RWE steht, gegen die Klimaschützer vor Ort durch. Jenseits hiervon nehmen engagierte Menschen ihr Recht des zivilen Widerstandes wahr — mit ihrem bloßen Körper, bei Wind und Wetter, unter Einsatz ihrer Gesundheit. Die meist jungen Menschen kämpfen für ihre Zukunft – ganz im Sinne des Urteils des Verfassungsgerichtes.
Sie kämpfen für eine Sache, die im Bewusstsein und erst recht im praktischen Handeln nicht nur bei der Politik, sondern auch bei den Menschen in diesem Land vielfach noch nicht angekommen ist. Wir erleben seit etwa 5 Jahren eine dramatische Beschleunigung des Klimawandels — auch in Mitteleuropa. Das zwingt nun zu einer ganz anderen Handlungsdynamik, wenn wir unser Leben noch einigermaßen in den bisherigen Bahnen halten wollen.
Dazu zählt auch, bisher als tragbar einzuschätzende politische Kompromisse nochmals zu überdenken. Das forderte auch der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf noch am letzten Sonntag: “Die Politik sollte sorgfältig darüber nachdenken, wie ein massiver Polizeieinsatz für Kohle und gegen Klimaschützer im Rückblick in 4 oder 5 Jahren beurteilt werden wird, wenn die Klimaschäden noch massiver und offensichtlicher geworden sind. Noch ist es nicht zu spät, einen schlimmen Fehler zu vermeiden und die Räumung abzublasen!”
Denkverbote in Garzweiler und Hambach?
Abseits der globalen Aspekte wird bei der Auseinandersetzung um Lützerath unterschlagen, dass es auch andere bergbautechnische Lösungen gegenben hätte, um den wirklich noch erforderlichen Kohlebedarf zu sichern.
Hierfür müssen die Tagebaue Hambach und Garzweiler als Verbund betrachtet werden — sowohl in Punkto Kohleförderung als auch beim Abraummanagement. Die Verbindung existiert bereits real durch die „Kohlebahn“ zwischen den Tagebauen und den Kraftwerken.
Im TB Hambach soll die Förderung bereits 2025/2026 auf ein Drittel reduziert werden, da dann die Restseegestaltung beginnt. In einer Studie des DIW wurde ein Konzept untersucht, die jetzige Gewinnungsböschung vorrübergehend steiler zu schneiden (von 1 : 7 auf 1 : 4 oder gar 1 : 3), so wie es an der östlichen Elsdorfer Böschung bereits seit Jahr und Tag praktiziert wird. Damit wären ohne oberirdische Erweiterung des Tagebaus noch 100 bis 150 Mio. t Kohle zusätzlich zu gewinnen.
Nach Ende der Förderung kann die Böschung wieder abgeflacht werden, sowie es an allen anderen Tagebaukanten geschieht, die später ein Seeufer werden sollen. Für die Abflachung stehen in Hambach auf der gegenüberliegenden Seite mehr als 1 Mrd. m³ Material auf der Innenkippe südlich von der „Sophienhöhe“ zur Verfügung. Der Abraumberg hat mittlerweile eine Höhe von ca. 200 m gegenüber der Umgebung erreicht.
Dieses Material zu „aktivieren“, qualitativ in zwei Materialklassen zu separieren und in die Böschung wieder einzubauen, ist sicher nicht ganz trivial. Jedoch kann man im Land der Ingenieure und Wissenschaftler auch dafür zeitnah belastbare Lösungen erwarten und diese auch einfordern! Dies wäre auch der Schlüssel zur Verkleinerung des TB Garzweiler und zur Befriedung des Konfliktes um Lützerath gewesen.
- Die Hambachbahn kann nicht nur Kohle, sondern auch Kies und Sand nach Garzweiler transportieren.
Klar, solche Alternativen wären mit größerem Aufwand und damit Kosten für den Bergbaubetreibenden verbunden. Aber an diesem Punkt fragen wir uns: Milliarden sind an die Konzerne im Rahmen des Kohleausstiegsgesetzes geflossen und RWE machte in 2022 Milliarden Übergewinne.
Warum macht die Politik nicht Druck, dass die großzügigen Ausstiegshilfen und die erzielten Übergewinne für eine andere bergtechnische Vorgehensweise eingesetzt werden? Zuletzt könnte auch verhandelt werden, ob für einen anderen Tagebaubetrieb staatliche Zuschüsse für geprüften Mehraufwand gewährt werden könnten.
- Dies könnte zur wirklichen Befriedung der Konflikte im Interesse der Menschen und der Natur und mit grüner Handschrift führen.
Fakten schaffen, die nicht mehr umkehrbar sind?
Wer die Entwicklung im Rheinischen Revier seit längerem verfolgt, hat immer wieder erlebt, wie eine Allianz von RWE und ihnen gewogenen Landesbehörden (Oberbergamt und Geologischer Dienst NRW) ohne öffentliche Beteiligung Fakten geschaffen hat.
Der gleiche Geologische Dienst, der jetzt die Standsicherheit einer Lützerath-Halbinsel bezweifelt, hatte 2019 RWE die Gefälligkeit erwiesen und es erlaubt bis auf 50 m an die Waldkante in Hambach heranzubaggern. Und das Oberbergamt hat sich auch nicht quergestellt, als in Garzweiler im Frühjahr 2022 die oberste Sohle bis auf 100 m an das Grundstück der Landwirtes Eckardt Heukamp vorgetrieben wurde. Wohlgemerkt: Damals war Lützerath noch ein rechtmäßig bewohntes Dorf und nach Leitentscheidung und Betriebsplan musste ein Abstand von 400 m zu Siedlungen gewahrt bleiben.
Die zivilgesellschaftliche Organisation Allianz für nachhaltigen Strukturwandel (ANSEV e.V.) aus Kerpen hatte mit Fachleuten ein Konzept entwickelt und im letzten Jahr in die Diskussion um das „Manheimer Loch“ eingebracht. Hierhin wurden Wege vorgestellt, wie durch teilweisen Rückbau der Abraumhalde, die erforderlichen Mengen zur Stabilisierung der künftigen Seeböschungen gewonnen werden können, ohne noch weitere 600 ha fruchtbares Land und Häuser zu zerstören. (Hintergrundinfos: HIER Kurzfassung nachlesen und HIER eine ausführliche Kritik an den RWE Plänen und die Entwicklung eines Alternativkonzeptes. Und dazu ANSCHAUEN das PDF vom Vortrag von Henry Risse bei unserer Braunkohleveranstaltung 17. März 2022 in Wegberg).
Am Ende der Beschlussfassung zur aktuellen Erweiterung des Hauptbetriebsplan 2022 in Hambach konnte sich der Konzern jedoch wieder durchsetzen, weil dieselben bergtechnischen Gutachter wie in Lützerath — unter dem gleichen Zeitdruck — es nicht wagten, die Prüfung alternativer Konzepte zu fordern.
Alle grünen Pläne zu einer Naturschutzstiftung werden den Hambacher Wäldern und ihren natürlichen Bewohnern nichts nützen, wenn die „Manheimer Bucht“ alle Verbindungen zum FFH- Wald Steinheide abschneidet. Auch in Manheim soll hierbei bis auf 50 m an die mehrere kilometerlange lange östliche Waldkante herangebaggert werden.
Die Folgen für den Wald hatte Prof. Ibisch im letzten Jahr drastisch beschrieben und prognostiziert, dass der Wald in fünf Jahren nicht mehr zu retten ist, wenn nicht jetzt aktive Eingriffe zu seinem Schutz erfolgen. Das erfahren wir jedes Mal wieder, wenn wir zur Pflege unseres Waldlehrpfades an der Hambi Oase vor Ort sind.
Was kommt nach der Räumung von Lützerath?
Wir machen uns keine Illusionen. Angesichts des großen Aufgebots der Staatsgewalt wird „Lützi“ nicht bleiben können. Auch wenn Stefan Rahmstorf sich an die Friedenslinde ketten und vor Ort ein Moratorium fordern würde.
Wir werden Trauerarbeit leisten müssen. Aber wir können uns auch freuen, dass die 30 Familien in den Feldhöfen wieder aufatmen können, und können hoffen, dass in die nun verbrieft geretteten fünf Dörfer wieder Leben einkehrt und sie zu Orten mit Zukunft und der Erinnerung werden.
Für den Hambacher Wald ist auch noch nicht alles verloren. Denn in Manheim leben immer noch Familien, die ihre Häuser und Höfe nicht an RWE verkauft haben. Der Kampf für den Erhalt von Wald, Feld und Flur ist noch nicht zu Ende. Vielleicht werden neue Waldbeschützer wieder in verwaiste Baumhäuser einziehen oder gar neue bauen.
In diesem Sinne hoffen wir: Der Kampf geht weiter und wir glauben, dass die Demo vor Ort am 14. Januar allen klarmacht, dass eine starke Bewegung für den Klimaschutz präsent ist und nach der Zerstörung von Lützerath nicht aufgeben wird. Das Einleitungsbild dieses Beitrags, aufgenommen von Barbara Schnell, ist das Siegerbild im Landesfotowettbewerb 2022. Es hängt jetzt im NRW Landtag und erinnert die Abgeordneten täglich daran, was zu tun wäre, um eine wirkliche Klimawende herbeizuführen.
Das hatten wir noch nie. Binnen weniger Tage soviele Rückmeldungen auf einen Beitrag auf unserer Website. Aus dem Mailverkehr mit Reiner Priggen, langjähriger Aachener Grüner Fraktionsvorsitzender im Landtag und Mitglied der Verhandlungskommision, die RWE im Jahr 2016 die Verkleinerung von Garzweiler II abtrotze, durch die Holzweiler gerettet wurde, anschließend sein Mail von heute und meine Antwort darauf:
“Lieber Robert, Die Klimabewegung hat in den vergangenen Jahren gerade auch im Rückbau der Kohleverstromung viel erreicht. Ich kann das gut beurteilen, weil ich 2016 als Fraktionsvorsitzender in der Koalition die Verkleinerung des Tagebau Garzweiler um das Dorf Holzweiler, die Siedlung Dackweiler und den Hauerhof durchsetzen konnte. Rund 1500 Menschen wurden nicht mehr umgesiedelt und erstmals wurde ein laufender RWE Tagebau politisch verkleinert.
Im Jahr 2018 habe ich als Mitglied der Umweltfraktion in der Kohlekommission der Bundesregierung gemeinsam mit BUND, Greenpeace, dem Deutschen Naturschutzring und anderen den Kompromiss zum Kohleausstieg 2038 mitgetragen.
Bei der Bildung der Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP wurde im Koalitionsvertrag der Kohleausstieg „idealerweise“ auf das Jahr 2030 vereinbart. Ein entsprechendes Gesetz für dieses „ideale“ Ziel gibt es bisher nicht. Die Ministerpräsidenten der Länder Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt lehnen einen Ausstieg 2030 und Verhandlungen darüber kategorisch ab.
Die Landesregierung NRW hat dieses Ziel für NRW Kohleausstieg 2030 in Verhandlungen mit RWE und mit Unterstützung der Bundesregierung im Oktober 2022, gerade 100 Tage nach der Wahl umgesetzt.
Der große Erfolg der Klimabewegung war ein öffentliches Bewusstsein für die Notwendigkeit zum Handeln im Klimaschutz zu schaffen und sie hat es mit der Hilfe von Gerichtsurteilen erreicht den Hambacher Wald zu retten und den Ausstieg in NRW 2030 und die Rettung von 5 Dörfern und der drei Feldhöfe vorzubereiten.
Der Fehler der Bewegung war es eine von ihren Bewohnern verlassene Siedlung im Tagebau Garzweiler trotz aller gegenteiligen Gerichtsurteile zum Symbol zu überhöhen und auch entgegen der abschließenden Rechtsprechung auf einem Erhalt der Siedlung zu bestehen. Vor dem Hintergrund des Überfalls Putins auf die Ukraine und der Einstellung der Importe von Gas, Kohle und Öl aus Russland braucht es die Kohle dort um die Versorgungssicherheit in den Wintern 2023 und 2024 herzustellen.
Das ist jetzt Geschichte. Die Frage ist wie geht es weiter?
Und da kommen wir zum Kern: Die Einhaltung der 1,5 Grad Grenze wird nicht an einem Weiler in einem Tagebau entschieden. Sie wird entschieden beim beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und in der Frage der Energieeffizienz.
Und beim mangelhaften Ausbau der erneuerbaren Energien treffen wir viele derjenigen, die sich zur Klimabewegung rechnen auf der Seite der Verhinderer und Verzögerer wieder.
Die Wasserkraft wäre auf Druck von NABU, BUND u.a. fast in ihrer Existenz vernichtet worden, obwohl sie einen sichereren Beitrag in der Grundversorgung liefert. Die Angriffe auf die Biogasbranche laufen nach dem gleichen Muster, obwohl Biogas derjenige Energieträger ist, der speicherbar und flexibel Spitzenlast zur Verfügung stellen kann.
Die Hindernisse bei Freiflächen PV, Agri PV und Floating PV werden gerade überall formuliert. Am folgenreichsten aber ist die Blockade der Naturschutzverbände bei der Windkraft.
Wir brauchen zur Erreichung des 80 % Ziels ab 2025 mindesten 10 000 MW Windkraftausbau je Jahr. Wir hatten 2022 gerade rd. 2300 MW. Das Ziel für 2030 ist völlige Illusion, wenn die großen Naturschutzverbände ihren Widerstand gegen den Ausbau der Windenergie nicht umdrehen in eine positive Unterstützung. Klagen des NABU und jahrelange Verzögerung wegen 10 durchreisender Brutpaare des Mornellregenpfeifers müssen der Vergangenheit angehören und durch eine positive Unterstützung des Ausbaus in der laufenden Dekade ersetzt werden.
Gerade die großen Naturschutzverbände, aber auch Fridays for Future sollten auf die Kommunen und die Räte einwirken Flächen für die Windkraft und Freiflächen PV zur Verfügung zu stellen und die vorhandenen Dächer zu nutzen. Warum denn nicht freundliche Hausbesuche und Diskussionen mit Firmen, die über große Gewerbedächer verfügen auf denen bisher keine PV Anlage installiert ist? Warum nicht neben einer Speditionshalle im Gewerbegebiet ein Windrad. Das ist in Belgien Standard und in Deutschland bisher unüblich aber sinnvoll. Und Firmen wie Thyssen, die nach Wasserstoff Subventionen rufen, aber sich weigern auf ihren 10 000 ha Industriefläche in Duisburg über Windkraft überhaupt zu sprechen gehören die Leviten gelesen.
Es gibt beim Ausbau der Erneuerbaren Energien so viel zu tun und wir brauchen sie alle in den kommenden 10 Jahren. Ansonsten sind die Klimaziele wirklich nicht zu erreichen.
Reiner Priggen, Vorstandsvorsitzender Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V. (LEE NRW).
Antwort von Robert Borsch- Laaks:
“Lieber Reiner,
danke für deine klaren Worte … ich bin völlig bei dir, wenn du die Hemmnisse beim Ausbau der Erneuerbaren beschreibst und anmahnst, dass ich Sachen Energieeffizienz noch ganz viel Luft nach oben ist.
In dem Bereich, der mich seit 40 Jahren auch beruflich umtreibt, der Wärmewende (dem schlafenden Riesen der Klimawende) muss die Chance dringend genutzt werden, dass mit Habeck und Geywitz zwei grün – rot geführte Ministerien mit konsequenten Änderungen im Gebäudeenergiegesetz (GEG) und in der Bundesförderung für die Energieeffizienz – vor allem in der Bestandsanierung – den Hebel umzulegen und den bisherigen dominierenden Einfluss der Wohnungswirtschaft zurückdrängen. Dieser Lobby der professionellen Vermieter (die ja die Heizkosten nicht bezahlen müssen, aber Investitionen in die Energieeffizienz ihrer Gebäude scheuen wie der Teufel das Weihwasser) ist es gelungen, die gesetzlichen Anforderungen an den Wärmeschutz bei der Altbausanierung im neuen GEG 2020 hinter das Niveau der Energieeinsparverordnung von 2009 (!) zurückzudrehen. Ich habe dir dazu zwei Fachartikel aus meiner Feder beigefügt, die du gerne weitergeben kannst.
Energische Grüße, Robert”
Hinweis: Diese Artikel kann man in unserer Rubrik “Energiewende” runterladen. Danke für euer Interesse. RBL
Lieber Robert,
der “Teufel”, von dem du sprichst, sitzt mitunter ganz oben, verfangen seiner selbst erschaffenen Bürokratie. Die gut gemeinten Vorhaben (gut klingende Erlasse) sind eins, die Umsetzung dessen sprechen mitunter eine ganz andere Sprache. Ich bin über gewisse Umwege dazu gekommen, als “Leiharbeiterin” in den Landes- und Bundesbau schnuppern zu dürfen. Gerne erzähle ich dir beizeiten im 4‑Augen-Gespräch näheres zu meinen erstaunlichen Beobachtungen…:)
Liebe Grüße,
Bettina
Ein Nachsatz zur gestrigen Räumung in Lützerath
Aus dem Live-Ticker des WDR:
“Aktivisten erheben schwere Vorwürfe gegen die Polizei”
https://www1.wdr.de/nachrichten/luetzerath-live-ticker-raeumung-garzweiler-tagebau-100.html
Wir messen zwar nur kleine Erfolge, doch diese sind weithin sichtbar. Während bei der einstigen Räumung im Hambacher Forst nur spärlich Informationen über öffentlich rechtlichen Medien nach außen drangen, hat die Presse dieses Jahr genau hingeschaut und, wie ich finde, relativ objektiv berichtet. Es hat sich ein Bewusstseinswandel für die Dringlichkeit des Klimawandels vollzogen, und das ist u.a. dem ungebrochenem friedlichen Widerstand rund um Hambacher Wald und die Garzweiler Grube einschließlich der Bewegung “Alle Dörfer bleiben” und den “Spaziergängen von Michael Zobel” zu verdanken. Der WDR informierte fundiert , beinahe stündlich in seiner App rund um das Geschehen in Lützerath.
“Räumung von Lützerath: Was bleibt vom Protest?” / Nah dran
Ein guter Beitrag vom WDR-Reporter “Frederik Fleig”.
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr/nah-dran/audio-raeumung-von-luetzerath-was-bleibt-vom-protest-i-nah-dran-100.html
Im folgenden ein Kommentar von Heike Florian, den wir als Antwort auf unseren Newsletter erhielten und hier veröffentlichen dürfen:
Ich möchte mich einmal ganz herzlich bedanken für Eure kritische, informative und rundum angemessene Darstellung. Es gibt eine Haltung jenseits von Resignation auf der einen Seite und Verbissenheit und Verzweiflung auf der anderen, und die wird durch Eure Arbeit gestärkt, wofür ich einfach sehr dankbar bin. Ich teile Eure Einschätzung und bin ungeheuer froh, dass Ihr das so differenziert darstellt und immer wieder zum Handeln aufruft.
Ich finde es so wichtig, dass jetzt, wo die jungen Leute diesen Rückschlag einstecken müssen, diejenigen mit mehr Lebenserfahrung ruhig, sachlich und engagiert am Ball und an ihrer Seite bleiben. Auch dafür danke ich Euch, für Euren langen Atem. Manchmal kann ich es gar nicht fassen, dass ich mich seit über 40 Jahren mit den selben Argumenten gegen Atomkraft, gegen den Braunkohleabbau, für erneuerbare Energien positioniere.…Gut, dass Ihr zwischendurch auch frische Infos, neue Erkenntnisse, neuen Schwung verbreitet, das hält mich echt bei der Stange.
Heike
Vielen Dank, liebe 3Rosen, für eure guten und umfassenden Informationen und Stellungnahme zu den Vorgängen in und rund um Lützerath.
35.000 Demonstrant*innen waren am Samstag vor Ort, um gegen den Braunkohleabbau und die anvisierte Zerstörung des Dorfes Lützerath zu demonstrieren. 35.000 Menschen, einschließlich Greta Thunberg, haben am Wochenende ein wirksames Zeichen gesetzt, dass weltweit, bis hin zur New York Times Gehör fand. Noch vor wenigen Tagen sprach Habeck von “falscher Symbolkraft”, in Bezug auf Lützerath, seine Worte sollten sich als Trugschluss erweisen. Der Widerstand in Lützerath traf den Schmelztiegel der Zeit und wurde weltweit als positives Signal des zivilen Ungehorsams verstanden. Wenn die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens dieser Tage wieder auf den Tisch kommen, dann ist das v.a. dem friedlichen und öffentlichkeitswirksamen Protest in Lützerath zu verdanken. Allen Aktivist*innen zolle ich meinen großen Respekt und meinen Dank!
Arno Gruen, deutsch-schweizerischer Schriftsteller, Psychologe und Psychoanalytiker, begründet das Handeln im Sinne von zivilem Ungehorsam als verantwortungsvollen und wichtigen Wegweiser.
https://youtu.be/kOgAkrVagjc
“Wenn du genau hinschaust,
entdeckst du manchen Dorn,
der aus der Blüte dieser Rose
wächst heraus.”
(BB/ 2023-01)
Liebe Grüße,
Bettina
Hallo Frau Priester,
vielen Dank für die herzlichen Worte. Ja die Zweifel sind berechtigt, wir brauchen schon jetzt nicht so viel an fossilen Brennstoffen. Es war möglich, ohne nenneswerten Komfortverzicht ca. 14% Gas einzusparen, ein paar vielleicht unpopuläre Maßnahmen im Verkehrssektor könnten ähnliche Einsparungen bei Benzin und Diesel erwirken. Auch beim Strom ist noch Luft nach oben, Deutschland und insbesondere die Großkraftwerke hier exportieren kräftig Strom ins Ausland — vor allem nach Frankreich, wo die ja so “preiswerten” AKW zu 3/5 im Sommer kaputt waren.
Unsere Erde wird grad ziemlich kahl gefressen, statt Wachstum brauchen wir mindestens eine Halbierung des Stoffdurchsatzes — ganz gleich ob Baumaterialien, Energierohstoffe und sonstige Rohstoffe. Endloses Wachstum in einer begrenzten Welt funktioniert nicht. Daher müssen schnell Konzepte erprobt werden, die ohne Wachstum auskommen. Das ist eine Herkulesaufgabe — aber diesmal wirklich alternativlos.
Viele Grüße
H. Risse
Liebe Daniela (und andere, die auf unseren Newsletter antworteten)
Danke, dass du uns “Viel Kraft, Mut und Freude” wünschst. Die Kraft werden wir brauchen, um weiter zu streiten für die Energiewende — und der Mut, um unbequeme Wahrheiten zu verbreiten, braucht Feedback wie deinen Kommentar. Und die Freude? Ja, wir werden sogar feiern, auch wenn dies gerade jetzt seltsam klingt. Denn am 1. Februar wird der Rissereaktor in Tihange, gegen wir 10 Jahre gekämpft haben, endgültig abgeschaltet. Deshalb werden uns hoffentlich am Sa. 4.2.2023 im forum M der Mayerschen bei eine großen Abschaltparty treffen, oder?
Lieber Norbert, wir kennen uns lange genug, um zu wissen, dass wir uns im Grundsatz einig sind. Aber es ist auch wichtig zu sagen, was eine Anrainerin aus den Feldhöfen in der Redezeit in WDR 5 in dieser Woche sagte: Es waren die jungen Leute, die untergehackt sitzend riefen: ” Keine Steine, keine Steine, keine Steine”. Natürlich gibt es immer “Rambos” — auf beiden Seiten. Es ist dem Aachener Polizeipräsident zu danken, dass er augenscheinlich seine Truppe — auch und gerade die aus anderen Bundesländern — darauf eingeschworen hat, dass sie es nicht “Klimaterroristen” zu tun haben. Aber auch auf der Seite der “Ordnungshüter” haben das nicht alle verstanden und befolgt, wie glaubhafte Berichte von Pressevertretern beweisen.
Ich hoffe wir sehen uns morgen zur Demo, um noch mal klarzumachen, worum es wirklich geht und wofür wir Alten den jungen Aktiven dankbar sein müssen. Der heute kursierende Aufruf zu einem Moratorium von Wissenschaftler, Unternehmern und Umweltorganisationen wird für Lützerath nichts mehr nützen. Aber der Streit für die Wende beim Klimaschutz wird weitergehen müssen — und er kann Freude machen, wenn man wie ich gerade in meinem Büro mit Passivhausdämmung und Lüftung mit Wärmerückgewinnung bei angenehmen 20°C sitzt — ohne Heizkörper und AnnenMayKantereit hört 🙂 .
Ich will zur Frage der Legitimität der Regierungsbeschlüsse und der Proteste Stellung nehmen.
Es kann ja keinen Zweifel daran geben — und ich kennen niemanden, der dies äußert -, dass alle Beschlüsse von Bundes- und Landesregierung sowie allen Parlamenten legitim sind und eine demokratische Legitimation haben.
Wenn der Begriff “Widerstand” benutzt wird, kann damit nicht der Begriff des Widerstandsrechts im Grundgesetz gemeint sein.
In Artikel 20 Abs. 4 heißt es:
„Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Gemeint ist die verfassungsgemäße Ordnung.
Niemand in Legislative, Exekutive und Judikative will die verfassungsgemäße Ordnung beseitigen.
Selbstverständlich darf jede:r gegen Entscheidungen protestieren und demonstrieren:
Artikel 8 Abs 1:
“Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.”
Ich erinnere mich sehr gut an die große Demonstration gegen die sog. Nachrüstung Anfang der 80er-Jahre in Bonn, wo eine halbe Million Menschen im Bonner Hofgarten Heinricht Böll zuhörten.
Mein Fazit:
Es gilt, die Legitimität demokratisch gewählter Personen und Institutionen zu respektieren, und es ist von größter Bedeutung, sich bei ebenso legitimen Demonstrationen friedlich zu verhalten.
Ich würde mir wünschen, dass sich alle Demonstrierenden klar von Gewalttätern distanzieren. Damit würden sie wesentlich breitere Unterstützung erfahren. Wer sich nicht von Gewalttätern distanziert, muss damit rechnen, mit diesen in einen Topf geworfen zu werden.
Bundespräsident Steinmeier betont immer wieder, dass unsere Demokratie nur durch das enge Zusammenwirken des repräsentativen Teils und des zivilgesellschaftlichen Sektors lebendig wird. Dem stimme ich vollständig zu. Wir dürfen uns nicht nur auf die gewählten Vertreter:innen verlassen, sondern müssen, wenn wir es können, auch selbst aktiv werden.
Zugleich bin ich der festen Überzeugung, dass politische Veränderungen nur auf der Basis des Grundgesetzes möglich sind. Das Grundgesetz ist die einzige rechtliche und ethische Norm, die für alle Menschen, die in Deutschland leben, verbindlich ist. Wer eine andere Staatsform als die grundgesetzlich verankerte will, hat mich nicht auf seiner Seite.
Norbert Greuel
Aachen
Herzlichen Dank für euer Engagement und für die sehr interessante und aufschlussreiche Information,einiges wusste ich schon doch bevor ich es wirklich verstanden habe werde ich eure Info noch öfters durchlesen vor allem um mich bei den vielen Diskussionen mit Bekannten gut ins sachliche Gespräch ein bringen kann. Ich bin sehr betroffen durch die Räumung und werde auf die Demo morgen gehen, mit der grünen Politik bin ich überhaupt nicht mehr einverstanden obwohl ich selber Grüne bin.Warum kann nicht einfach mal dieser irrsinnige Energiebedarf runter geschraubt werden?Warum müssen wir immer weiter“wachsen”?? Das ist doch immer das Argument dafür das Kohle,Gas, LNG usw. benötigt wird.Geht es uns nicht gut genug?Vielleicht alles ein bisschen naiv doch für mich geht die Lösung dorthin.Bleibt dran!!Viel Kraft,Mut und Freude. Liebe Grüße von Daniela