Sie stecken viel Energie in den Kampf gegen die Atomkraft
Von: David Grzeschik
AZ: 13. März 2017, 12:37 Uhr
Herbert Gilles mag es nicht, gegen etwas zu sein. „Viel lieber setzte ich mich für eine Sache ein“, sagt der erste Vorsitzende der „Initiative 3 Rosen e.V.“. So gehe es ihm in erster Linie darum, dass sich erneuerbare Energien flächendeckend durchsetzen. Dazu gehört die Abschaltung der Braunkohle-Kraftwerke.
Doch derzeit ist es eben die Atomkraft, die Gilles am meisten stört. „Tihange ist in diesem Kontext natürlich besonders schlimm.“ Dass die Meiler, die „maroden Dinger“, wie Gilles sagt, noch einige Jahre weiterlaufen sollen, ist in seinen Augen nicht tragbar.
Seine Mitstreiter sehen das genauso. Beim 5. Energischen Kulturevent ist Gilles deshalb mit Freunden und Unterstützern zusammengekommen, um ein wenig Geld zu sammeln. Wenn Aktivisten am 25. Juni dieses Jahres mit einer Menschenkette ein sichtbares Zeichen gegen die belgischen Reaktoren setzen, möchte auch Gilles mit seinen Leuten vor Ort sein. „Der Erlös heute soll helfen, eine Reihe von kreativen ‚3 Rosen‘-Aktionen bei der Durchführung der Menschenkette umzusetzen“, erklärt der Vorsitzende.
Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, geht es bei der energischen Veranstaltung nicht besonders rigoros oder angespannt zu. Auf dem Gelände spielen ein paar Jungs ein Fußballturnier – „Kicken gegen Tihange“. Wenige Meter weiter befindet sich eine Wurfbude, in der symbolisch bedruckte Atommülldosen versenkt werden können. „Garantiert ungefährlich“, wie Gilles mit einem Augenzwinkern betont. Die Stimmung an diesem milden Frühjahrsnachmittag ist ausgelassen. Doch wieso dann eigentlich ein energisches Kulturevent?
„Energisch soll ein kleines Wortspiel sein, es liegt neben seiner eigentlichen Bedeutung auch sehr nah an ‚energetisch‘ dran“, erklärt Robert Borsch-Laaks, zweiter Vorsitzender des Vereins „Initiative 3 Rosen“. Borsch-Laaks engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Atomkraft. Als kleine Nachbarschaftsinitiative gründete er die „3 Rosen“ vor sieben Jahren – benannt nach der Drei-Rosen-Straße, in der die Gründungsmitglieder zu Hause sind.
Damals wurde in der Bundespolitik über die Verlängerung der Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke debattiert. Ende letzten Jahres ist aus dem kleinen privaten Projekt schließlich ein eingetragener gemeinnütziger Verein geworden. Seine 13 Mitglieder setzen sich seitdem für die Förderung des Natur- und Umweltschutzes ein.
Kernstück des energischen Kulturevents ist am Nachmittag der Vortrag der japanischen Journalistin Yoko Kawasaki. In den 1990er Jahren kam sie nach Aachen, um an der RWTH Umweltwissenschaften zu studieren. Seitdem arbeitet sie als freischaffende Journalistin in der Region. In ihre Heimat Japan fliegt sie etwa einmal im Jahr.
„Die Menschen in Japan mögen es nicht, wenn man von der Fukushima-Katastrophe spricht. Das ist so negativ. Treffender ist, von der Tepco-Katastrophe zu reden“, so Kawasaki in ihrem Vortrag. Tepco ist der Name des japanischen Energieunternehmens, dessen Reaktoren damals für die Atom-Katastrophe sorgten. Die Journalistin gibt ihren Zuhörern einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen in der Krisenregion — und das Engagement seitens aktiver Bürger, die sich gegen Atomkraft starkmachen. „Ich möchte Ihnen auch Sachen erzählen, die man nicht jeden Tag in den Medien liest“, erklärt Kawasaki. Schließlich plädiert sie für die Abschaltung aller Atomkraftwerke.
Etwas leichtere Kost wartet schließlich am Abend auf die Anwesenden. Der Saal füllt sich spürbar, als „Kurt & Josie“ das Kulturprogramm mit „energ(et)ischen Sketchen“ eröffnen. Danach wartet der Politologe Martin Unfried mit „Ökotainment“ gegen Atom- und Kohlefrust auf. Es ist schon nach 23 Uhr am Abend, als „Manni & the Doctors“ mit ihrer Zugabe, dem BAP-Song „Verdammt lang her“, auftreten und bei vielen für sichtlich gute Stimmung sorgen.
„Wir als Veranstalter können sagen, dass wir zufrieden sind“, bilanziert Herbert Gilles am Ende der Veranstaltung. Robert Borsch-Laaks kann sich dem vorbehaltlos anschließen. „Mit über 200 Besuchern im Verlauf des siebenstündiges Programms“, resümiert der zweite Vorsitzende, „haben wir einiges einspielen können, um unsere kreativen Beiträge zur Menschenkette gegen Tihange finanzieren zu können. Danke an die Künstler.“
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