TIHANGE – Wir haben erhebliche Sicherheitsbedenken bezogen auf das Zwischenlager, welches auf dem Gelände des Rissereaktors errichtet werden soll. Der Bau dieses Lagers wurde bereits genehmigt, ohne die nach EU Recht notwendige grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
Wir fordern den offiziellen Einspruch der Landesregierungen von NRW und RLP gegen die Genehmigung OHNE grenzüberschreitende UVP.
Wir haben gemeinsam mit Greenpeace AC, IPPNW AC und NABU AC Briefe an die folgenden Ministerien geschrieben:
- Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz,
Staatssekretär Dr. Thomas Griese - Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Frau Ministerin Ursula Heinen-Esser
- Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart
Darin fordern wir:
Da das Zwischenlager bereits im Februar genehmigt wurde, fordern wir, gegen diese Genehmigung ohne grenzüberschreitende UVP zu protestieren und eine solche einzufordern.
Weiterhin fordern wir die Landesregierungen auf, erneut eine Beschwerde (wie seinerzeit gegen die Laufzeitverlängerungen der Reaktorblöcke Tihange 1, Doel 1 und Doel 2) bei der EU-Kommission und auch bei den Sekretariaten von Espoo- und Aarhus-Konvention einzureichen.
Die Notwendigkeit einer grenzüberschreitenden UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung ergibt sich aus den beiden völkerrechtlichen Konventionen, der Espoo- und der Aarhus-Konvention. Das EuGH-Urteil zur Laufzeitverlängerung der Reaktoren Doel 1 und 2 fordert ausdrücklich nicht nur die Anwendung des EU-Rechtes zur UVP, sondern auch die Anwendung der o.g. Konventionen (Urt. v. 29.07.2019, Az. C‑411/17).
Der Kernkraftwerksstandort Tihange (Gemeinde Huy, Wallonie), nur ca. 60 km von der deutschen Grenze entfernt, war bereits in den vergangenen Jahren durch den mit Tausenden Rissen im Reaktordruckbehälter belasteten Reaktorblock 2 der Anlage Gegenstand der öffentlichen Diskussion in den angrenzenden deutschen Bundesländern NRW und RLP. Die Bedrohung der in Hauptwindrichtung liegenden Menschen führte zu großen Protesten (Trinationale Menschenkette mit 50.000 Teilnehmern in 2017 und über 500.000 Unterschriften zu einer Petition an die belgische Atomaufsicht in 2018). Noch immer läuft die Klage gegen die Wiederinbetriebnahme von über 90 Gemeinden in Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg und dem Land Rheinland-Pfalz vor dem belgischen Staatsrat.
Aktuell wird vom Betreiber des Kernkraftwerks der Bau eines Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente geplant, das unser Anlass zu großer Besorgnis ist.
Der Bau eines Trockenlagergebäudes für 120 Castoren soll nach der Entscheidung des zuständigen Ministeriums unseres Wissens eine Betriebsgenehmigung für 80 (!) Jahre erhalten.
In Deutschland sind die Genehmigungen für Standort-Zwischenlager generell auf 40 Jahre begrenzt, was der technischen Lebensdauer der dort eingelagerten Behälter (Castoren) für abgebrannte Brennelemente entspricht.
Nach Meinung von Experten ist davon auszugehen, dass in diesem langen Zeitraum Undichtheiten an den Behältern entstehen. Für die dann notwendigen Reparaturen müsste am Standort eine „heiße Zelle“ zur Verfügung stehen. Dies ist in der Planung jedoch nicht vorgesehen.
Auch die bautechnische Qualität des Gebäudes weicht gravierend von dem ab, was heute üblicher Standard für die Gebäudehülle eines solchen Lagers ist. Das geplante Dach soll eine Betondecke von nur 20 cm Dicke erhalten. Zum Vergleich: Das neue Zwischenlager in Lubmin soll eine Betondicke von 180 cm in den Wänden und dem Dach erhalten, um auch dem Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges zu widerstehen.
Dies führt unseres Erachtens zu einer besonderen Gefährdung, da in nur 15 km Entfernung der große Passagier- und Frachtflughafen Liège-Bierset liegt. Dessen Rollbahnen weisen genau auf das Kraftwerksgelände.
Der Standort des Gebäudes (zwischen den Kühltürmen von Tihange 2 und 3, nahe der öffentlichen Straße entlang des Betriebsgeländes) und die Lüftungsöffnungen für die passive Kühlung der wärmeabgebenden Castoren sind so ungünstig orientiert und konstruiert, dass sie leicht zugänglich für terroristische Attacken mit panzerbrechenden Waffen sind. Ihnen fehlen nach der vorliegenden Planung jegliche davor gesetzte Schutzwände, wie sie zum Beispiel beim größten deutschen Zwischenlager in Gundremmingen nachgerüstet wurden.
Diese gravierenden Planungsmängel erfüllen uns als Menschen hinter der naheliegenden Grenze, die bekanntlich keinen Schutz im Falle eines nicht vorhergesehenen Unfalls oder eines beabsichtigten Angriffs auf das Gebäude bietet, mit großer Sorge.